Die Vaterländische Front (FV) wurde 1933 unter Engelbert Dollfuß mit dem Ziel, alle vaterlandstreuen Österreicher und Österreicherinnen zu einen, gegründet. Als „Organisation faschistischen Musters" (Tálos/Manoschek, Aspekte, S. 145) wählte sie das christliche Kruckenkreuz (als Gegenstück zum heidnischen Hackenkreuz) als ihr Symbol und stützte sich auf Antiparlamentarismus sowie Antinationalsozialismus, verfügte jedoch über kein eigenständiges politisches Programm. (vgl. Tálos/Manoschek, Aspekte, S. 145)
Dollfuß verlautbarte am 11.9.1933 in seiner Rede zum ersten Generalappell der VF am Trabrennplatz ihre Zweckbestimmung: „Die Zugehörigkeit zur VF ist ein Bekenntnis des Willens zur Mitwirkung am Aufbau unserer Heimat auf christlicher und ständischer Grundlage, ist ein Willensbekenntnis zur Überwindung des Parteienstaates." (Engelbert Dollfuß, zitiert nach: Tálos/Manoschek, Aspekte, S. 145)
Mit der endgültigen Ausschaltung der parlamentarischen Demokratie am 1. Mai 1934 und der gesetzlichen Verankerung der vaterländischen Front wurde diese zu einer „politischen Monopolorganisation" (Tálos/Manoschek, Aspekte, S. 146), der es jedoch im Gegensatz zur deutschen NSDAP und italienische PNF an Massenbasis und damit an Mobilisierungsfähigkeit fehlte. Sie setzte sich - so steht es im Bundesgesetzbuch von 1934 - die „politische Zusammenfassung aller Staatsangehörigen, die auf dem Boden eines selbständigen, christlichen, deutschen, berufsständisch gegliederten Bundesstaates Österreichs stehen" (BGB1. Nr. 4, § 2/1934/II, zitiert nach: Tálos/Manoschek, Aspekte, S. 146) zum Ziel.
Der Führer der VF verfügte über uneingeschränkte Autorität und ernannte seine Stellvertreter sowie die Landesleiter. Die Mitgliedschaft in der Vaterländischen Front blieb zwar freiwillig, eine Nichtmitgliedschaft hatte jedoch das Berufsverbot im öffentlichen Dienst zur Folge. (vgl. Tálos/Manoschek, Aspekte, S. 147) Die Vaterländische Front wurde so zum „Legitimationsinstrument der Regierung in Form eines auf erzwungener Freiwilligkeit basierenden Parteienersatzes" (Tálos/Manoschek, Aspekte, S. 154).
Bis April 1936 verfügte die VF zudem über eine Wehrfront, bestehend aus Wehrorganisationen und Schutzverbänden, die ihr als vollständige Körperschaften beitraten. Zur Wehrfront gehörten: der österreichische Heimatschutz, die Ostmärkischen Sturmscharen, der Freiheitsbund, die Christlich-Deutsche Turnerschaft sowie die Burgenländischen Landesschützen. (vgl. Tálos/Manoschek, Aspekte, S. 151) Nachdem im Mai 1936 der gesetzliche Beschluss gefasst wurde, die Führung des Staates und der VF zu vereinheitlichen, musste die VF ihre ohnehin sehr beschränkte politische Eigenständigkeit gegenüber der Regierung gänzlich einbüßen. (vgl. Tálos/Manoschek, Aspekte, S. 154)
Die Heimwehren waren rechtsorientierte, paramilitärisch organisierte Wehrverbände, die sich nach dem Ersten Weltkrieg in den verschiedensten Regionen Österreichs formierten. (vgl. Tálos/Manoschek, Konstituierungsprozess, S. 7) In einzelnen Ländern traten sie auch unter der Bezeichnung „Heimatschutz" auf. 1927 schlossen sich die selbständigen Heimwehrverbände der einzelnen Länder zu einer gesamtösterreichischen Bundesführung zusammen. (vgl. Rape, Heimwehren, S. 386). Die teilweise antiklerikal gesinnten Heimwehren propagierten Autoritätsgedanken und verschrieben sich dem Schutz des „österreichischen Heimatlandes". Am italienischen Faschismus orientiert sagten sie Marxismus, Demokratie und Parlamentarismus den Kampf an (vgl. Tálos/Manoschek, Konstituierungsprozess, S. 8) und legten spätestens mit dem Korneuburger Eid vom 18.5.1930 ihre dezidiert faschistische Gesinnung offen.
Auszug aus dem Korneuburger Eid, am 18. Mai 1930: „[...]Wir verwerfen den westlichen demokratischen Parlamentarismus und den Parteienstaat! Wir wollen an seine Stelle die Selbstverwaltung der Stände setzen und eine starke Staatsführung, die nicht aus Parteivertretern, sondern aus den führenden Personen der großen Stände und aus den fähigsten und den bewährtesten Männern unserer Volksbewegung gebildet wird. Wir kämpfen gegen die Zersetzung unseres Volkes durch den marxistischen Klassenkampf und liberal- kapitalistische Wirtschaftsgestaltung. [...] Jeder Kamerad fühle und bekenne sich als Träger der neuen deutschen Staatsgesinnung; er sei bereit, Gut und Blut einzusetzen, er erkenne die drei Gewalten: den Gottesglauben, seinen eigenen harten Willen, das Wort seiner Führer! [...]" (Österreichischer Heimatschutz, S. 47f.)
Die bewaffneten Heimwehr-Verbände wurden im April 1934 in die Wehrfront, die militärische Formation der Vaterländischen Front (vgl. Tálos/Manoschek, Aspekte, S. 155), integriert. An der Spitze der Vaterländischen Front stand Bundeskanzler Engelbert Dollfuß. Ernst Rüdiger Starhemberg war seit 12. Oktober 1933 sein Stellvertreter. Letzterer, der bereits seit 1930 die Bundesführerschaft des Heimatschutzes innehatte, erhielt gleichzeitig die Führung der Wehrfront, die als Zusammenschluss aller freiwilligen Wehrverbände galt und vorerst deren organisatorische Autonomie bewahrte. (vgl. Tálos/Manoschek, Aspekte, S. 155) Nach dem Tod des Bundeskanzlers Dollfuß am 25.7.1934 wurde Starhemberg, der bereits seit Mai 1934 das Amt des Vizekanzlers ausübte, zum Sicherheitsminister und zum Bundesführer der Vaterländischen Front ernannt. Bereits ein Jahr später begann jedoch unter Bundeskanzler Kurt Schuschnigg der sukzessive Machtabbau der Heimwehren als selbständige Organisation. (vgl. Tálos/Manoschek, Aspekte, S. 156) Mit Schuschniggs Beschluss die Wehrverbände zu vereinheitlichen (Mai 1935) und sie zur „Freiwilligen Miliz österreichischer Heimatschutz" zusammenzulegen (Oktober 1935) verloren auch die Heimwehren ihre Eigenständigkeit. (vgl. Tálos/Manoschek, Aspekte, S. 156)
Aufgrund der außenpolitischen Annäherung zwischen Deutschland und Italien im Frühjahr 1936 und der damit verbundenen Aufforderung Mussolinis, Österreich solle sich mit Hitler-Deutschland arrangieren, wurden die Heimwehren, die bisher die Beibehaltung des „italienischen Kurses" repräsentierten, für die Regierung Schuschnigg hinderlich. Sie durchkreuzten Schuschniggs Pläne einer Befriedungspolitik gegenüber den österreichischen Nationalsozialisten und stellten sich gegen die Einbeziehung „betonter Nationaler", weshalb sie schließlich von der politischen Bühne verabschiedet wurden. (vgl. Tálos/Manoschek, Aspekte, S. 156) Nach dem Ausscheiden Starhembergs aus der Regierung am 16. Mai 1936 und der Schaffung der Frontmiliz, die als Bestandteil der VF an die Stelle der Wehrverbände trat, waren die Heimwehren gänzlich entmachtet und ihre offizielle Auflösung im Oktober 1936 reine Formalität. (vgl. Tálos/Manoschek, Aspekte, S. 157)
Die hier beworbenen Schallplatten sind allesamt im Archiv "Österreichische Mediathek, audiovisuelles Archiv - Technisches Museum Wien" zu finden. Auf die Reden der politischen Akteure kann jedoch auch online unter www.oesterreich-am-wort.at zugegriffen werden. Die Aufnahme von Vizekanzler Emil Fey mit dem Titel: „Kameradschaft ist mehr als Freundschaft" ist auf 1933 datiert, Kurt Schuschniggs Rede mit dem Titel „Der Glaube an Österreich" wurde hingegen im Jänner 1934 im Rundfunk gesendet. Die Ansprache von Ernst Rüdiger Fürst Starhemberg dürfte am 11. September 1933, im Rahmen der Feierlichkeiten zur Vaterländischen Front, die Rede von Bundeskanzler Dollfuß im Jahr 1934 entstanden sein. (vgl. Roller, Tondokumente, S. 93 und S. 149)
Am Plattencover, das in der Österreichischen Mediathek ebenfalls einzusehen ist, sind die Angaben des Auftraggebers (Österreichischer Heimatschutz) sowie des Herstellers (Columbia-His Master´s Voice Wien 1.) verzeichnet. Dollfuß bekennt sich in seiner - auf dieser Schallplatte aufgezeichneten - Rede zum „sozialen, christlich, deutschen Staat Österreich auf ständischer Grundlage unter starker autoritärer Führung". In ähnlichem Wortlaut formulierte Dollfuß jenes Bekenntnis in seiner berühmt gewordenen Trabrennplatzrede vom 11.9.1933. (Siehe Kontextmaterial: Neue Freie Presse, 12.9.1933, S. 3)
Das im Ausstellungskatalog des Wien Museums „Kampf um die Stadt. Politik, Kunst und Alltag um 1930" auf Seite 413 verzeichnete Plakat mit dem Titel „Österreicher! Erlebt und hört Eure Führer in Eurem Heim!" stammt aus 1934 und dürfte das zum Film zugehörige Werbeplakat darstellen. Ein Hinweis darauf, dass der uns vorliegende Film 1934 produziert wurde.
Literatur:
Wolfgang Kos (Hg.), Kampf um die Stadt. Politik, Kunst und Alltag um 1930. Sonderausstellung des Wien Museums: 19. November 2009- 28. März 2010. Wien 2010.
Emmerich Tálos/Walter Manoschek, Zum Konstituierungsprozeß des Austrofaschismus, in: Emmerich Tálos/Wolfgang Neugebauer (Hg.), Austrofaschismus. Politik - Ökonomie - Kultur 1933-1938. Wien 2005, S. 6-25.
Emmerich Tálos/Walter Manoschek, Aspekte der politischen Struktur des Austrofaschismus, in: Emmerich Tálos/Wolfgang Neugebauer (Hg.), Austrofaschismus. Politik- Ökonomie- Kultur 1933-1938. Wien 2005, S. 124-160.
Ludgar Rape, Die österreichischen Heimwehren und die bayerische Rechte 1920-1923. Wien 1977.
Walter Roller, Tondokumente zur Zeitgeschichte 1933-1938. Bild- und Tonträger-Verzeichnisse, Bd. 10. Frankfurt am Main 1980.
Österreichischer Heimatschutz, Amt des Bundesführers - Propagandastelle (Hg.), Heimatschutz in Österreich. Wien 1934.
Österreich „am Wort". Das Online-Archiv der Österreichischen Mediathek: Tonaufnahmen und Videos zur österreichischen Kulturgeschichte; online unter: www.oesterreich-am-wort.at (12.3.1013).
weniger anzeigen