Aufblende; Innenraum; amerikanische Einstellung von Heinz Conrads; Conrads im Profil vor einem dunklen (Theater)Vorhang; Conrads hält ein aufgeschlagenes Buch in seinen Händen; mit der Aufblende wendet sich Conrads vom Buch ab und blickt in Richtung Kamera; Conrads nimmt seine Brille ab und spricht in die Kamera: „Guten Abend meine Damen, guten Abend meine Herren, guten Abend die Madeln, servas die Buam. Ich hoffe, es wird für Sie heute noch ein sehr netter Abend. Sie werden einen Film sehen, der Sie interessiert. Sie sitzen in netter Gesellschaft... das heißt, Sie sind nicht allein. Seh'n Sie und über dieses Alleinsein, da wollt ich eigentlich mit Ihnen erst noch ein bisschen plaudern. Wenn man jung ist, ist man ja selten allein. Aber wenn man, ... naja sagen wir, wenn man etwas länger auf der Welt ist, dann ist man sehr oft allein. Die kleinen Rentner, Pensionisten, ... und doch leben sie alle sehr gern'. Weinheber sagt da [Conrads liest nun aus dem Buch]: ‚Sie leben ein Leben, das gestern war. Die Zeit ist fort, das Blut geht leis' und rauscht eine längst verklung'ne Weis'; [Conrads wendet sich wieder der Kamera zu]; sehn Sie, man ist aber nicht gern' allein. Man soll es auch nicht sein. Und da haben wir bei uns zuhaus' in der Wienerstadt eine Einrichtung geschaffen - wir nennen es Tagesheime. Aber das hat nix mit Heimen zu tun. Das sind gemütliche Räume, wo die alten Herrschaften gemütlich - so wie zuhause - beisammensitzen. Aber am besten wird sein, wir schauen und das einmal an; Trickblende (00.00,00)

Totale des geräumigen Innenraums eines Tagesheimes; Lampions und Girlanden sind an der Decke montiert; im Saal sitzen viele ältere Leute an Gruppen von Tischen zusammen; Conrads steht in der Bildmitte; die Kamera schwenkt von der Decke auf Conrads; Zoom In auf Conrads, von total auf halbnah; Conrads: „So, da sind wir jetzt in einem Tagesheim der Stadt Wien. Ein sehr angenehm warmer Raum. Da sitzen die Herrschaften jetzt an den Tischen, wo sie beisammen sind - also nicht allein - das ist sehr schön"; von rechts kommt eine Frau ins Filmbild; Die Frau wird von Conrads als Heimleiterin vorgestellt; die beiden reichen sich zur Begrüßung die Hände; ein Gespräch beginnt; Conrads: „Da ist die Leiterin, ich begrüße Sie recht herzlich. Wie viel Herrschaften haben's an einem Nachmittag so um sich?"; Leiterin: „Circa Hundert"; Conrads: „Circa Hundert! Und wie viel Tagesheime gibt's denn in der ganzen Stadt?"; Leiterin: „Zweiundachtzig"; Conrads : „Also, wären da circa [...] 5000 Leut' wären da - also aufgenommen. Sehr schön! Und wann ist das Tagesheim offen, immer?"; Leiterin: „Von eins bis sieben"; Conrads: „Von ein Uhr Mittag bis um sieben Uhr und in welchen Monaten?"; Leiterin: „Von November bis Ende März"; Conrads: „Also gerade über die Winterzeit, wo der Mensch besonders sonst zuhaus' allein wär' "; Leiterin: „Ja"; Conrads: „Sehr gut! Und was machen ihre Freunde da so? Was tun die so am Nachmittag? ... Zeitunglesen seh' ich da ... Handarbeiten"; Einstellungen auf kleinere Gruppen alter Leute bei verschiedenen Tätigkeiten; Leiterin: „Stricken. Basteln"; kurzes Zwischenspiel; Conrads mischt sich in das Kartenspiel einer Gruppe älterer Männer ein; hierauf wendet er sich wieder an die Leiterin; Conrads: „Na und kriegen' s auch was zum Essen?"; Leiterin: „Ja und auch einen Kaffe"; Conrads: „Also a' Jaus'n, a' wienerisch ...";  Leiterin: „A' wienerische Jaus'n"; Conrads: „Ja sehr schön. Ja und a' Mittagessen?"; Leiterin: „Ja, zweimal im Monat"; Conrads: „Was kriegen' s denn da?"; Leiterin: „Suppen, Schnitzeln"; Conrads: „Ja, für die Betreuung geht aber sehr viel Geld auf"; Leiterin: „Ja, sehr viel Geld. Circa vier Millionen"; Conrads: „Vier Millionen! In den Wintermonaten"; Leiterin: „Vier Millionen in den Wintermonaten, ja"; Conrads: „Ich find' das großartig"; Einstellungen auf kleinere Gruppen alter Leute; Conrads aus dem OFF: „Und hier sitzen' s beisammen. Erzählen von den großen Sorgen und den kleinen Freuden"; Conrads steht bei einem Tisch einer Gruppe alter Frauen; Conrads deutet auf die Frauenrunde und wendet sich sodann mit vorgehaltener Hand an die Kamera: „Das sind vier Hausbesorgerinnen. Die haben einander schon sehr oft geärgert im Leben. Was spieln' s? ‚Mensch ärgere Dich nicht'"; Conrads wieder inmitten des Saales, Zoom In auf Conrads von amerikanisch auf halbnah; Conrads: „Sehn Sie, so leben unsere Freunde in den Tagesheimen der Stadt Wien; ‚Ein Leben, das gestern war, und die Zeit ist fort und das Blut geht leis' und rauscht eine längst verklungne Weis'; aber ich glaub' sogar, sie finden hier ein kleines Glück in dieser großen Stadt, die ihre Leute nie vergisst. So und jetzt wünsch' ich Ihnen noch recht, recht viel Vergnügen. Guten Abend meine Damen, guten Abend meine Herren, guten Abend die Madel'n, servas die Buam'"; Schwarzblende (01.14,05)

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Der Brennstoffmangel nach dem Zweiten Weltkrieg führte dazu, dass die Gemeinde Wien sogenannte Wärmestuben - ein Konzept, das erstmals in den 1920er Jahren realisiert wurde - eröffnete. Hier sollten sich während der kalten Wintermonate alle Hilfsbedürftigen - dazu zählten insbesondere Kranke und Alte - für ein paar Stunden am Tag aufwärmen können. Nachdem die Versorgungsengpässe mit Heizmaterial zu Beginn der 1950er Jahre überwunden waren, wurden die Wärmestuben zu sogenannten „Tagesheimstätten für alte Leute" umstrukturiert. Im Mittelpunkt der Bemühungen stand nun die Schaffung von Räumlichkeiten, die zur Freizeitgestaltung und der sozialen Kontaktaufnahme genutzt werden sollten. Die Wärmestuben und Tagesheimstätten waren damit die direkten Vorläufer der heutigen Pensionistenklubs und Seniorentreffs.

Aus einem Bericht der MA 7 über den „Einsatz von Auftragsfilmen der Stadt Wien" ist zu entnehmen, dass die Kurzfilmserie 1963 in 40 der größten Wiener Kinos im Beiprogramm eingesetzt wurde. Darüber hinaus fand die Serie seit November 1963 ihren nichtkommerziellen Einsatz in Tagesheimen und SPÖ-Organisationen. Für das Jahr 1964 wurde eine TV-Ausstrahlung angepeilt.

Literatur/Quellen:

Gustav Bihl, Wien 1945-2005. Eine politische Geschichte, in: Peter Csendes/Ferdinand Opll (Hg.), Wien. Geschichte einer Stadt. Von 1790 bis zur Gegenwart. Wien/Köln u.a. 2006, S. 545-650.

WStLA, M.Abt. 350; A15-99.

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