Besatzungszeit; Alliierte uneins über die Aufteilung Wiens; westliche Alliierte sind für die Aufteilung Groß-Wiens; Sowjets wollen die Grenze von 1937; am 4. Juli 1945 kommt es nach Zugeständnissen der Sowjets gegenüber den westlichen Alliierten (bspw. Mitbenutzung der sowjetischen Militärflugplätze) zur Unterzeichnung des Kontrollabkommens für Österreich; am 9. Juli 1945 weiteres Abkommen hinsichtlich der Besatzungszonen und der Verwaltung der Stadt Wien; das Abkommen wird von allen vier Besatzungsmächten unterschrieben; eine Interalliierte Kommandantur (aus vier von den Hochkommissären ernannten Stadtkommandanten) soll die Stadt verwalten und kontrollieren; die Wiener Stadtregierung muss alle Gesetze und Verordnungen von der Interalliierten Kommandantur absegnen lassen, bevor diese in Kraft treten können; die Gesetzgebung wird hierdurch erheblich erschwert und verlangsamt; ein Gesetz über die endgültige Grenzziehung zwischen Wien und Niederösterreich wurde von den Alliierten lange Zeit blockiert; bereits im Sommer 1946 wurde vom Wiener Landtag, dem Niederösterreichischen Landtag und dem Nationalrat das Gebietsänderungsgesetz verabschiedet, welches vorsah, dass 80 der 97 in den Reichsgau Wien einbezogenen Gemeinden an Niederösterreich zurückfallen sollten; die Alliierten legten ihr Veto ein (befürchteten Instabilität des Zonenabkommens); problematische Stellung für die Randgemeinden (von Wien verwaltet, jedoch nicht mehr im Gemeinderat vertreten); Zustimmung der Sowjets zum Gebietsänderungsgesetz erst im Sommer 1954; Gesetz tritt am 1.9.1954 in Kraft: Wien wird in 23 Bezirke gegliedert; Liesing (23.) stellt einen neu errichteten Bezirk dar: Stadt Liesing sowie die Gemeinden Atzgersdorf, Mauer, Rodaun, Erlaa, Inzersdorf, Kalksburg und Siebenhirten.
Wohnbau: Durch die Kriegshandlungen des Zweiten Weltkrieges wurde ein großer Teil der wohnbaulichen Infrastruktur der Stadt Wien beschädigt bzw. zerstört. Die Behebung des Wohnraummangels stellte sich jedoch in der unmittelbaren Nachkriegszeit als überaus kompliziert dar, da es insbesondere an Baumaterialien, Maschinen, Facharbeiterkräften und geeigneten Transportmitteln fehlte. Die Überwindung dieser Problematik gelang erst im Laufe der 1950er Jahre, in denen durchschnittlich 5.000 Wohnungen im Jahr errichtet werden konnten. Erst im Jahr 1958 galt die gröbste Wohnungsnot als überwunden.
Kanalnetz: Infrastrukturschäden durch Kriegshandlungen. In der unmittelbaren Nachkriegszeit bildeten die Arbeiten am Kanalnetz und der Wasserversorgung einen großen Anteil der Wiederaufbauarbeiten. Nach der Behebung der größten Schäden (um 1948) wendete man sich weiteren Aus- und Umbauarbeiten zu: insbesondere dem Bau von Sammelkanälen und Kläranlagen (bspw. Altmannsdorf-Hetzendorf 1947-51; Inzersdorf-Blumental 1967-69).
Kindergärten: Nach 1945 war etwa 1/3 der 203 Kindergärten und 51 Horte beschädigt. Um 1950 war das Vorkriegsniveau an nutzbaren Einrichtungen wieder erreicht. Im Jahr 1963 gab es bereits 58 Kinderkrippen, 84 Krabbelstuben, 193 Kindergärten und 204 Horte. Aufgrund des hohen Bevölkerungswachstums in den Außenbezirken wurden neue Kindergärten insbesondere dort errichtet.
Schulen: Nach dem Krieg war ein Gutteil der Schulgebäude/Klassenzimmer unbenutzbar geworden (zerstört, beschädigt bzw. als Krankenhäuser, Amtsstuben, Flüchlings- und Aufenthaltsräume etc. zwischengenutzt); enormer Raum- und Ausstattungsmangel; meist nur notdürftige Reparaturen an Gebäuden und Klassenzimmern; verlängerte Winterferien werden eingeführt (Problem der Beheizung); Wechselunterricht; seit 1954 bauliche Beschädigungen/Mängel weitestgehend behoben; nun beginnt die Stadtverwaltung mit einem Programm zur Modernisierung der Gebäude (Aus-, Um-, Neubau); Errichtung von Spezialklassenzimmern für spezifische Unterrichtsfächer (Musik, Physik, Zeichen, Turnunterricht, etc.); zwischen 1949 bis 1964 wurden 46 neue Schulgebäude errichtet (insbesondere in den äußeren Bezirken; dort verstärkter Bevölkerungszuwachs); sukzessive Senkung der Klassenschülerzahl seit Beginn der 1960er Jahre.
Straßenbahnen: Infrastrukturschäden und ein erheblicher Teil der Zugmaschinen und Waggone ist zerstört; durch Rohstoff- und Maschinenmangel geht der Waggonbau nur langsam voran; Ende 1945 ist etwa die Hälfte des Straßenbahnnetzes wieder befahrbar; 1946 fahren durch alle Bezirke insgesamt 56 Straßenbahn- und Stadtbahnlinien sowie drei Autobuslinien; 1950 Straßenbahnnetz komplett wiederhergestellt; 1954 Fertigstellung der Stadtbahnbögen; mit der Fertigstellung der Stadtbahnbögen ist die Wiederherstellung des öffentlichen Verkehrs abgeschlossen; in den folgenden Jahren gewinnt der Individualverkehr stetig an Bedeutung; die Fahrgastzahlen beginnen zu sinken; in den 1960ern scheint der Autobus die Straßenbahn zu verdrängen (Trendumkehr in den 1970ern).
In der Wiener Rathauskorrespondenz vom 25. November 1952 steht zu lesen:
"Stadtrat Thaller sprach heute anlässlich der Gleichenfeier eines städtischen Wohnhauses in Vösendorf über die Bautätigkeit der Stadt Wien im Bezirk Liesing. Thaller gab einen Gesamtüberblick über die Kriegszerstörungen, die in diesem Wiener Industriegebiet besonders umfangreich waren. 2.200 Objekte (Wohnhäuser, Fabriksanlagen, Lagerhäuser und dergleichen) sind durch Bombenangriffe und Kampfhandlungen vernichtet worden. Rund 1.600 Familien haben ihre Wohnungen verloren. Zerstört wurden auch das Liesinger Volksbad, einige Schulen und andere öffentliche Anlagen. In einigen Gemeinden, wie in Siebenhirten, wurden nahezu 80 Prozent aller Verkehrsflächen beschädigt. Dazu kommt noch, dass ein überwiegender Teil der Wohnhäuser im Bezirk Liesing überaltert ist und in keiner Weise den modernen Anforderungen entspricht. Der soziale Wohnungsbau der Gemeinde Wien hat besonders im 25. Bezirk große Fortschritte aufzuweisen. Bis Oktober 1952 wurden insgesamt 807 moderne Wohnungen in städtischen Wohnhausanlagen bezogen. Weitere 80 Wohnungen konnten durch Förderung von Baugenossenschaften errichtet werden. Die Wiener Stadtverwaltung hat gleich nach dem Krieg mit der Instandsetzung der Liesinger Verkehrsflächen begonnen. Allein in den letzten zwei Jahren wurden für die Instandsetzung der Straßen 11,8 Millionen Schilling aufgewendet. Zu den größten und wichtigsten Aufgaben im Bezirk Liesing zählt aber die "Zähmung" des gefährlichen Liesingbaches. Durch viele Überschwemmungen wurden in Liesing und auch in anderen Randgebieten riesige Sachschäden angerichtet. Erst im vergangenen Jahr sind durch Überschwemmungskatastrophen im Liesinger Bezirk 43 Wohnungen vernichtet worden. Bis 1951 wurden für die Liesing-Regulierung von der Gemeinde Wien 23,5 Millionen ausgegeben. Heuer hat die Stadtverwaltung für diese Arbeiten weitere 12 Millionen Schilling bereitgestellt. Die Errichtung der großen Kläranlage auf der Inzersdorfer Haide ist auch für den 25. Bezirk von großer Wichtigkeit ebenso wie der Ausbau der Liesingtal-Sammelkanäle, des Siebenhirtner-Sammelkanals und die Einwölbung des Knotzenbaches. Einige totgelegte Kanäle, in denen der Knotzenbach bisher floss, müssen wegen Gefahr der Rattenplage ausgeschlichtet werden. In den letzten zwei Jahren wurden eine neue Schule und zwei neue Schulpavillons errichtet. Die Schule in Inzersdorf wurde wiederaufgebaut und um einen Kindergarten erweitert. Sämtliche Schulen des Liesinger Bezirkes wurden innen renoviert und mit neuen sanitären Anlagen ausgestattet. In Atzgersdorf, Erlaa, Perchtoldsdorf, Inzersdorf und Vösendorf wurden in den Schulen Turnsäle ausgebaut, in Rodaun die Schulzahnklinik erweitert. Weiters wurden sechs Kindergärten errichtet oder bestehende erweitert. Das neu erbaute Liesinger Volksbad, das im vergangenen Jahr in Betrieb genommen wurde, kostete vier Millionen Schilling. Ein neues Kinderfreibad in Mauer, die Instandsetzung nahezu aller Parkanlagen des 25. Bezirkes runden das Gesamtbild der Aufbauarbeiten der letzten Jahre in diesem Gebiet von Wien ab. In der nahen Zukunft ist an eine Neuplanung des Liesinger Friedhofes sowie an eine Verbesserung des Autobusverkehrs gedacht." (Rathauskorrespondenz, am 25.11.1952)
Und in der Wiener Rathauskorrespondenz vom 13. Jänner 1952 steht geschrieben:
"Während der Kriegsereignisse wurden in Liesing 2.200 Gebäude zerstört. Ein Großteil davon waren Wohnhäuser und es gingen insgesamt 1.600 Wohnungen verloren. Die Gemeinde Wien hat in Liesing von 1948 bis 1952 mit dem Bau von 900 Wohnungen begonnen, 800 davon konnten inzwischen bezogen werden. Sehr wesentlich waren die großen Instandsetzungsarbeiten auf den Liesinger Straßen. Allein in den Jahren 1950 bis 1952 hat die Gemeindeverwaltung für den Bezirk Liesing rund 12 Millionen Schilling für Straßeninstandsetzungen ausgegeben. Eine besondere Anstrengung der Wiener Gemeindeverwaltung gilt der Regulierung des Liesingbaches. Durch laufende Überschwemmungen im Gebiet des Liesingbaches entstanden in den letzten Jahren Millionenschäden. Allein im Jahre 1951 wurden bei Überschwemmungen 43 Wohnungen unbewohnbar. Die Gemeinde Wien hat bis Ende 1951 rund 24 Millionen Schilling für die Liesingbachregulierung aufgewendet. Im Jahre 1952 wurden weitere 12 Millionen Schilling verarbeitet. In derselben Zeit wurde auch die große Kläranlage auf der Inzersdorfer Heide hergestellt. Durch ihre Fertigstellung ist es möglich, die Verbauung des ganzen Gebietes von Inzersdorf und Altmannsdorf in Angriff zu nehmen. Weiters werden bei dieser Kläranlage jährlich rund 80.000 Kubikmeter Methangas und 500.000 Kilogramm Dünger gewonnen. Ein wesentlicher Betrag musste auch für die Instandsetzung und für die recht bedeutende Erweiterung des Kanalnetzes im Gebiet von Liesing ausgegeben werden. Erwähnt seien hier nur die größten Baustellen, wie der Siebenhirtner Sammelkanal, die Einwölbung des Knotzenbaches und der Liesingtal-Sammler. Aber auch die Schulen, Kindergärten, Bäder usw. kamen nicht zu kurz. In Siebenhirten wurde eine Schule neu errichtet, in Inzersdorf wieder aufgebaut und Raum für einen Kindergarten geschaffen, in Atzgersdorf, Erlaa, Perchtoldsdorf, Inzersdorf und Vösendorf wurden Turnsäle errichtet, in Rodaun und Breitenfurt zwei Schulpavillons, weiters wurden sämtliche Schulen im Liesinger Bezirk renoviert. In Rodaun, Siebenhirten und Perchtoldsdorf wurden Kindergärten modern ausgebaut oder neu errichtet, das Liesinger Volksbad wurde wieder aufgebaut, der Liesinger Friedhof einer Neuplanung unterzogen und der Autobusverkehr wesentlich verbessert. Die Splittergräben sind verschwunden, die Löschteiche wurden beseitigt und nahezu sämtliche Parkanlagen wieder instandgesetzt. Über die umfangreichen Bautätigkeiten in Liesing wurde eine Broschüre aufgelegt, die in der Bezirksvorstehung für den 25. Bezirk erhältlich ist." (Rathauskorrespondenz, am 13.1.1953)
Produktionsjahr: Im Evidenzblatt des Films ist das Jahr 1952 angegeben; da im Film jedoch von Perchtoldsdorf und der "Randgemeinderegelung" gesprochen wird - also der Ausgliederung niederösterreichischer Gemeinden aus dem "Groß-Wien" von 1938 -, wird der Film vermutlich frühestens am 1.9.1954 (Gesetz tritt in Kraft) fertiggestellt worden sein. (Vgl. TC: 2.40)
Die Angaben zu Besetzung/Crew und Auftraggeber stammen aus dem Evidenzblatt zu diesem Film.
Denselben Titel wie der Film trägt auch eine Publikation des Stadtbauamtes: Wien baut in Liesing. Die Stadt Wien gibt Auskunft, hrsg. von der Stadtbauamtsdirektion Wien. Wien o.J.
Literatur/Quellen:
Gustav Bihl, Wien 1945-2005. Eine Politische Geschichte, in: Peter Csendes/Ferdinand Opll (Hg.), Wien. Geschichte einer Stadt. Von 1790 bis zur Gegenwart. Wien/Köln u.a. 2006, S. 545-650.
Wiener Rathauskorrespondenz, am 25.11.1952; online unter: http://www.wien.gv.at/rk/historisch/1952/november.html (22.4.2013).
Wiener Rathauskorrespondenz, am 13.1.1953; online unter: http://www.wien.gv.at/rk/historisch/1953/jaenner.html (12.12.2012).
WStLA, media wien, Evidenzblatt Nr. 137, Wien baut in Liesing.
weniger anzeigen