Einblendung des Vorspanns, der Credits, des Titels (0.00)

Nahaufnahme; eine Hand malt mit einem Pinsel auf einem Blatt Papier; unterschiedliche Einstellungen des Mal- und Zeichenvorgangs (Kurt Moldovan); vertikaler Kameraschwenk über fertig gestellte Bilder; Kameraschwenk durch ein Atelier; unterschiedliche Einstellungen zeigen Künstler in ihren Ateliers beim Arbeiten (bspw. Modellieren von Tonplastiken; Meißeln einer Steinskulptur; Schweißen von Metallobjekten); mehrere Kunstobjekte werden in den Ateliers gefilmt (vermutlich Joannis Avremides, Maria Biljan-Bilger, u. a.); Off: „Die Kunst ist der größte menschliche Versuch die Wahrheit zu finden. Ein Versuch, der ständig misslingt, weshalb er ständig neu unternommen wird" (0.13)

Aufnahme der Karlskirche; Kameraschwenk auf das Historische Museum der Stadt Wien (Wien Museum); in der Glasfassade des Museums spiegelt sich die Karlskirche (3.19); Maria am Gestade mit modernem Bau im Vordergrund (3.29); Phantom-ride durch die Mariahilfer Straße (3.36)

Montage einer Pendeluhr und einer Stoppuhr; rasante Aufnahmen des Straßenverkehrs aus einem fahrenden Auto; die Kamera filmt dabei teils in den Rückspiegel; man sieht auf diese Weise während der Autofahrt gleichzeitig nach vorne wie nach hinten; Off: heute sei alles schneller; „Wir haben die Ehre und das Entsetzen einer Epoche anzugehören, in der nichts mehr von dem stimmt, was uns als wahr und gewiss überliefert wurde" (4.01)

Vertikaler Kameraschwenk auf den Ringturm; Vogelperspektive vom Ringturm auf die Ringturmkreuzung (zu sehen sind Autos, die Straßenbahn und Menschen); Off: „Neue Größenordnungen, neue Geschwindigkeiten und das Entscheidende: neue Distanzen. Die neue Distanz macht aus Autos Insekten, aus Menschen Punkte ohne Gesicht. Die Handvoll Wahrheit, die alles ändert. Und die Kunst hat das früher entdeckt als wir" (4.30)

Naturaufnahmen; Gewässer; im Hintergrund ein Schilfgürtel; Montage verschiedener Kunstwerke: ein gemaltes Teich-Sujet, ein Bild eines Vogels, Detailaufnahme eines Fisches in einem größer angelegten Mosaik; auf diese eher traditionell anmutenden Kunstwerke folgt die Montage expressiverer Werke; Off: „Vor 50 Jahren war ein Teich ein Teich. So, wie in der uns vertrauten Kunst ein Teich ein Teich ist, ein Vogel ein Vogel, ein Fisch ein Fisch"; doch „allmählich zeigen die Dinge ein zweites Gesicht" (4.50)

Flug über ein Gewässer mit Schilflandschaft; Off: „Neue Distanzen geben eine neue Sicht auf das Wesen der Dinge" (5.27)

Hausfassade mit appliziertem Mosaik; Pinguin-Mosaik über einer Toreinfahrt, Keramikplatte mit Vogelmotiven, etc. (Kunst-am-Bau); Off: der Vogel ist noch immer ein Vogel, aber in seiner Gestalt abstrahiert; die neuere Kunst zeigt, dass „alle Erscheinungen aus nur wenigen Grundformen zusammengesetzt sind" (5.49)

Flug über Felder; das Flugzeug fliegt in größerer Höhe als in den Einstellungen zuvor; es folgt die Montage von stärker abstrahierten Skulpturen und  Plastiken im öffentlichen Raum; Off: „Die Distanz wirkt wie der Röntgenblick: man sieht nicht mehr die Haut, nur mehr das unerbittliche Skelett. Das Skelett der Erde, das Skelett der Schöpfung" (6.15)

Flug über einen Fluss (vermutlich Donau); das Flugzeug befindet sich abermals in größerer Höhe als in den vorherigen Einstellungen; Mosaik mit Vogelmotiv an der fensterlosen Seitenwand einer Wohnhausanlage; Zoom-in auf das Mosaik; Montage weiterer Kunstwerke/Mosaike (u. a. Figur „Kind mit Esel" von E. Robitschko / „Wasserbüffel" von E. Turolt); Off: „Das Flugzeug steigt. Felder, Berge, Städte und Ströme lösen sich auf, verschwimmen bis sie nichts mehr sind als Erde. Alle Dinge gehen schlafen, in das Element zurück, aus dem sie kamen. Ihre Gestalt ist nur geliehen. Sie werden Wasser, Erde, Luft. Das Einzelne endet, wird eingeebnet, auch der Mensch. Aber das Lebendige möchte sich nicht auflösen ins Gestaltlose. Was lebt wehrt sich und schreit" (7.06)

Montage von SW-Filmmaterial (Archivmaterial) aus dem Bereich der Raumfahrt: Nahaufnahme eines Mannes, der in einer Art Zentrifuge starken Fliehkräften ausgesetzt ist; Satellitenstation; Raketenstart; Raketenflug; Mond-, Weltraum und Milchstraßenaufnahmen; Sonneneruptionen; Off: „Aber unbarmherzig wächst die Distanz und entstellt uns. Uns und alles. Das Weltall stürzt auf uns zu und wir sind ihm nicht gewachsen. Die Gestirne platzen, die Sonnen explodieren, der leere Raum verschlingt uns. Die Distanz, die wir geschaffen haben, ist größer als wir" (7.58)

Obelisk mit Mosaik (Arnulf Neuwirth; „Weltgegenden"; Thimiggasse); Montage grotesker, surrealistisch-phantastischer sowie abstrakter Bilder (vermutlich Wolfgang Hutter; Rudolf Hausner, u. a.); relativ hohe Schnittfrequenz; Off: „Die Sterne platzen auch in uns und dann heißen sie Angst und das Chaos bricht ein" (9.19)

Nahaufnahme; ein Mann beim Mikroskopieren; Montage ‚kristalliner' Bilder; Wachstum und Verfall geometrischer (kristalliner) Strukturen; Off: „Aber die neuen Distanzen entfernen uns nicht nur, sie lassen uns auch eindringen. Dorthin, wo hinter dem gestaltlosen Element auf einmal eine neue Form sichtbar wird. Eine neue Schönheit der Linien, der Farben, der Bewegung, weit hinter der Erscheinung der äußeren Gegenstände" (10.36)

Aufnahme einer Wassermelone vor weißem Grund; die Melone ist zu einem Viertel aufgeschnitten; Schnitt; mikroskopische Aufnahme eines Zellenverbands; Schnitt; Nahaufnahme von Laborapparaturen (klare Flüssigkeit in einem gläsernen Kolben färbt sich rot); Schnitt; ein hängendes Mobile eines vereinfachten Atommodells vor schwarzem Grund; Schnitt; Detailaufnahme eines Stilllebens mit Melone; es folgt eine additive Mehrfacheinblendung der vorherigen Einstellungen auf das Stillleben der Melone (Zellenverband; Laborapparaturen; Atommodell); hierauf folgt die Montage eines abstrakten Melonenbildes, sowie Aufnahmen weiterer - an den Stil des Kubismus angelehnter - Kunstwerke (Mosaik; Einlegearbeiten; Kunst-am-Bau); Off: „Vor hundert Jahren war eine Melone eine Melone. Damals wurde die Oberfläche der Dinge entdeckt. Aber heute ist eine Melone mehr. Die Biologie würde sagen, eine Häufung von Zellen, Geweben, Plasmaströmen. Die Chemie würde sagen, eine Summe von chemischen Prozessen, Säuren, Gerbstoffen. Die Physik würde sagen, eine Summe von Atomen, die nach bestimmten Gesetzen auf bestimmte Weise funktionieren. Die Wahrheit von damals über die Melone war: eine Melone. Die Wahrheit von heute ist: die äußere Form einer Melone, samt den biologischen Vorgängen, samt den chemischen Vorgängen, samt den physikalischen Vorgängen. In der Wirrnis des neuen Wissens scheint nur eines allein verbürgt: dass Leben Bewegung ist. Um das wahre Wesen der Dinge wieder zu geben, zieht sich die Kunst darauf zurück. Und so werden aus der Melone die verborgenen Muster ihrer Lebensströme, die pulsierenden Linien ihrer Energien, ein Kardiogramm der Natur. Das bloße Ornament des Lebens" (11.08)

Raufsicht; Kamerafahrt um ein abstraktes Metallobjekt bei der Wiener Stadthalle (Objekt von Wander Bretoni); Zoom-out; Montage einer Reihe weiterer Arbeiten (u. a. H. Boeckels Gobelin in der Ehrenloge der Stadthalle; W. Beretonis „Mandolinspielerin"); Kinder beim Spielen; Kinderspielplatz; Spielplastiken aus Beton (vermutlich von Josef Seebacher); unterschiedliche Einstellungen zeigen die Kinder beim Spiel bei den Spielplastiken; Off: „Aus dem gestaltlosen Lebensstrom tauchen neue Formen auf, neue Gegenstände und einmal auch ein neues Gesicht unserer Selbst. Heute ahnen wir es erst. Eine neue Musik, eine Harmonie, die erst gelernt werden muss. Und da ist keine Frage, ob wir es wollen oder nicht wollen. Das Leben will es, also geschieht es" (12.58)

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Seit den späten 1940er Jahren setzte sich in Wien die Praxis durch, bei öffentlich finanzierten Bauprojekten bis zu 1% der Gesamtbaukosten in die „künstlerische Bauausgestaltung" fließen zu lassen. Auch wenn es sich bei dieser Praxis lediglich um eine „Empfehlung" ohne verbindlichen Gesetzescharakter handelte, beschäftigte die Gemeinde Wien auf diese Weise doch um die 450 Künstler, die im Zeitraum von 1949 bis 1980 etwa 3400 Kunstwerke im Auftrag für die Stadt anfertigten. Die Mehrzahl der insbesondere in und an Wohnhausanlagen aufgestellten bzw. angebrachten Kunstwerke wurde bis in die erste Hälfte der 1960er Jahre in Auftrag gegeben - einer Zeit des daniederliegenden privaten Kunstmarkts, in der Kunstschaffende in besonderer Weise von öffentlichen Geldern abhängig waren. Die „künstlerische Bauausgestaltung" sollte einen gewissen Ausgleich zu der als gleichförmig, versachlicht, rationell und oftmals banal empfundenen Architektur der 1950er Jahre herstellen. In diesem Zusammenhang schreibt Irene Nierhaus: „In den 50er Jahren musste die Kunst in den Wohnanlagen vielfach als Substitut der als mangelhaft empfundenen Architektur herhalten. Wandbilder spielen ‚Fassade' und die ins Grün gestellten Plastiken reproduzieren ehemalige Raumhierarchien (Platz, Eingang), die sich durch die zunehmende Zeilenverbauung aufgelöst hatten. Die bauliche Rationalisierung wurde einerseits als ‚modern', funktional und hygienisch gepriesen, anderseits, auch von offizieller Seite, als zu wenig ‚menschlich' bemängelt." (Nierhaus, Väter, S. 32)

„Bürgermeister Jonas hält in der ‚Österreichischen Lesehalle' in Zagreb einen Vortrag über Wien. Bei dieser Veranstaltung werden auch drei vom Wiener Stadtbauamt hergestellte Filme gezeigt, und zwar ‚Kleiner Traum vom Paradies', ‚Bäderstadt Wien' und ‚Die Handvoll Wahrheit'." (Rathauskorrespondenz, am 5.11.1960)

Der Film erhielt das Österreichische Prädikat „sehenswert". (Vgl. Filmkunst, S. 134)

Literatur:

Irene Nierhaus, Väter unser - Planer, Meister, Politiker und die Masse. Eine Strukturgeschichte der Kunst im öffentlichen Raum der 50er Jahre, in: Markus Weiland/Vitus H. Weh (Hg.), Zur Sache Kunst am Bau. Ein Handbuch für das durchqueren der Stadtfaktoren Architektur, Kunst, Design, Staat, Wirtschaft. Wien 1998, S. 30-34.

Wiener Rathauskorrespondenz, am 5.11.1960; online unter: https://www.wien.gv.at/rk/historisch/1960/november.html (8.8.2012). 

Filmkunst. ‪Österreichische Gesellschaft für Filmwissenschaft, Kommunikations- und Medienforschung 93-108 (1982), S. 134.

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Im diesem Film werden in linearer Abfolge (metaphorische) Bezüge zwischen fortschreitender Erkenntnis durch Wissenschaft und Technik sowie der damit postulierten veränderten Wahrnehmung von Welt und der progressiven Entwicklung der Künste hergestellt. Durch die Montage von Flugaufnahmen aus unterschiedlichen Höhen, die Verwendung von Archivmaterial aus dem Bereich der Raumfahrt sowie mikroskopischer Filmaufnahmen werden Mikro- und Makrokosmos thematisiert. Die Entwicklung der Künste wird hierzu in Parallelmontage dargestellt.

Die Filmbilder werden von einer oszillierend-disharmonischen Tonkulisse begleitet, deren Intention vermutlich darin liegt, eine bedrohliche, entrückt-psychotische Stimmungslandschaft zu evozieren. Duktus und Inhalt des Kommentars gestalten sich - in der Skizzierung eines Status-quo der Orientierungslosigkeit - als dramatisch-pathetisch, pessimistisch und dabei alternativlos, denn mit der Moderne werde man sich arrangieren müssen: „Und das ist keine Frage, ob wir es wollen oder nicht wollen. Das Leben will es, also geschieht es." (TC: 13.57) 

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